aus 1 Celano (80.2-81.6)

Es wäre zu weitschweifig und unmöglich, alles aufzuzählen und zu sammeln, was der glorreiche Vater Franziskus getan und gelehrt hatte, solange er im Fleische wandelte. Denn wer könnte je das Übermaß seiner Liebe zum Ausdruck bringen, mit der er gegen alles, was Gottes ist, beseelt war?
Wer vermöchte die Süßigkeit zu schildern, die er empfand, wenn er in den Geschöpfen die Weisheit des Schöpfers, dessen Macht und Güte betrachtete?

Wahrlich, er wurde bei dieser Betrachtung oft mit wunderbarer und unaussprechlicher Freude erfüllt, so, wenn er zur Sonne aufschaute, den Mond betrachtete, zu den Sternen und zum Firmament aufblickte.
O einfältige Frömmigkeit, o fromme Einfalt! Selbst gegen die Würmlein entbrannte er in übergroßer Liebe, weil er vom Erlöser das Wort gelesen hatte: Ein Wurm bin ich, nicht mehr ein Mensch). Deshalb pflegte er sie vom Weg aufzusammeln und legte sie an einem geschützten Ort nieder, damit sie nicht von den Passanten zertreten würden. Was soll ich von den anderen niedrigen Geschöpfen sagen? Ließ er doch den Bienen im Winter Honig oder besten Wein hinstellen, damit sie nicht vor Kälte und Frost zugrunde gingen. Ihre emsige Arbeit und ihren vorzüglichen Instinkt pries er zur Ehre des Herrn so hoch, dass er oft einen ganzen Tag auf ihr und der anderen Geschöpfe Lob verwandte; denn wie einst die drei Jünglinge im brennenden Feuerofen alle Elemente zum Lobe und zur Verherrlichung des Schöpfers des Weltalls einluden (b), so ließ auch dieser Mann, vom Gottesgeist erfüllt, nicht ab, in allen Elementen und Geschöpfen den Schöpfer und Lenker aller Dinge zu verherrlichen, zu loben und zu preisen. [2 C 165; LM VIII 6]

Wie erheiterte doch seinen Geist die Blumenpracht, wenn er ihre reizende Gestalt die Schönheit jener Blume, die leuchtend zur Frühlingszeit aus der Wurzel Jesse hervorging (a) und durch ihren Duft Tausende und Abertausende von Toten belebte. Und wenn er eine große Anzahl von Blumen fand, predigte er ihnen und lud sie zum Lob des Herrn ein, wie wenn sie vernunftbegabte Wesen wären.
So erinnerte er auch Saatfelder und Weinberge, Steine und Wälder und die ganze liebliche Flur, die rieselnden Quellen und alles Grün der Gärten, Erde und Feuer, Luft und Wind in lauterster Reinheit an die Liebe Gottes und mahnte sie zu freudigem Gehorsam.

Schließlich nannte er alle Geschöpfe „Bruder und Schwester“ und erfasste in einer einzigartigen und für andere ungewohnten Weise mit dem scharfen Blick seines Herzens die Geheimnisse der Geschöpfe; war er doch schon zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes gelangt. (b) Nun lobt er im Himmel mit den Engeln dich, o guter Jesus, den Wunderbaren, er, der schon auf Erden allen Geschöpfen dich als den Liebenswürdigen gepredigt hat. [2 C 165; LM IX 1]