Das erste Halbjahr 2020 war extrem in Bewegung. Das ist ungewohnt und schwer zu deuten.
Eine Pandemie gibt jeden Tag neue Rätsel auf. Wir waren darauf nicht vorbereitet. Wir schwimmen auf
einer großen, weltweiten Welle von Fragen, Ahnungen, Befürchtungen und vagen Hoffnungen: Wir möchten
sinnvoll leben. Es mag ja sein, dass in der Gesamtbilanz des Schreckens unser Land weniger katastrophal
abschneidet als viele andere. Aber das lindert kaum eine große und emotional aufgeladene Unsicherheit.
Ich war vor vierzehn Tagen endlich wieder in meiner westfälischen Heimat, der Stadt Rheda-Wiedenbrück.
Zwei Tage nach meiner Rückkehr in Bonn war die beschauliche Stadt in aller Munde: Ein in Deutschland
marktbeherrschender Fleischkonzern ist gegenwärtig der gefährlichste „Hotspot“ für das Virus. Und wieder
einige Tage später, am 23. Juni, wurde der gesamte Landkreis wieder unter den beengenden lock-down
gestellt. Was geschieht in einer solchen Situation eigentlich? Wird unser Leben durch die schleichende
Angst vor dem Ungewissen in seinen Grundfesten erschüttert? Worauf begründet sich dann, falls überhaupt
noch vorhanden, unsere Hoffnung?
Wenn ich als Christ versuche, den heutigen Text aus dem Matthäusevangelium zu beherzigen, dann kann ich
das nur tun als einer, der mit einem vertrauenden, aber auch verwirrten Herzen Ausschau hält nach dem,
der mich zum Leben berufen und bisher getragen hat. Mir scheint, auch das Beten fällt schwer. Ich lese
und betrachte in diesen Monaten täglich den Hymnus von Pfingsten „Veni Sancte Spiritus.“ Darin heißt es:
Komm, Heiliger Geist. Zerreiße die finstere Nacht. Strahle Licht in unsre Welt. Der Geist Gottes ist für
immer unter und in uns. Er ist die verborgene dynamische Kraft des Universums. Der Jesus des Evangeliums
ist nicht zur toten Historie geworden. Er hat uns seine bleibende Gegenwart in neuer Gestalt und Weise
zugesagt. Auf ihn ist Verlass. Er lässt uns die Worte Jesu, damals gerichtet an die Zwölf, die um ihn
waren, heute als an uns gerichtetes Mandat verstehen.
Zentral im heutigen Text ist das Wort „Kreuz“. Es ist das Erkennungszeichen für alle, die ihr Leben am
auferstandenen Jesus orientieren. Die Rede vom Kreuztragen taucht immer in bestimmten Situationen auf,
unabhängig davon, ob sich jemand dabei an das Beispiel Jesu erinnert oder nicht. So sagen manche, die
schwer erkrankt sind, dass sie ein schweres Kreuz zu tragen haben. Andere interpretieren ein schweres
Schicksal als das Kreuz, das ihnen auferlegt wurde. Eine solche Einschätzung ist Trost und Hilfe für
alle, welche das solidarische Leben Jesu vor Augen haben. Indem man dem Leiden einen „Sinn“ abzugewinnen
sucht, kann man es auch besser bewältigen und ertragen.
Doch den Verweis Jesu auf seine zentrale Stellung, auch gegenüber Eltern und der Familie, sowie die
Forderung, ihm in allem, gerade auch in der Hingabe seines Lebens nachzufolgen und sein Schicksal
mitzutragen, lässt sich gerade heute, auf dem Hintergrund der gegenwärtigen Weltlage für Christen noch
umfassender verstehen. Was sind die Ursachen von Hunger, Vertreibung und Flucht, für die Zerstörung der
natürlichen Ressourcen, welche Ursache hat die Pandemie Covid19? Viele Ursachen und Gründe werden
benannt, aber wer daran schuld ist, lässt sich nicht punktgenau ausmachen. Alle irgendwie? Jeder ein
kleines bisschen? Der Lebensstil und der Egoismus der Wohlhabenden? Die Unfähigkeit, verantwortungsvoll
und nachhaltig zu handeln? Jedenfalls – es fällt leichter, Verantwortung und Schuld eher bei anderen zu
suchen als bei sich selber. Es hat sich offenbar in die menschliche Natur etwas eingeschlichen, was
Gottes gute Schöpfung nicht nur durcheinanderbringen, sondern am Ende gar zerstören kann.
Eigentlich ist es völlig klar: Der Mensch darf nicht immer das tun, was er kann. Gerade im Verzicht und
im weltweiten Teilen liegt ein Gewinn an wirklichem Leben. Das Wort Jesu - „Wer das Leben gewinnen will,
wird es verlieren, wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen“ – bringt uns auf eine
neue befreiende Spur: Die Welt kann in Frieden und Gerechtigkeit überleben, wenn das Wort von der
„Selbstverleugnung“ aus seiner garstigen lebensfeindlichen Enge gelöst wird. Der Rückzug in das
verängstige Innere ist keine Alternative. Es erfordert Mut und Tapferkeit, sein Leben nicht nach den
gegenwärtigen Konsumstandards einzurichten, das – wie es das fatale Beispiel der heimischen
Fleischindustrie offenlegt- nur aufrecht zu erhalten ist mit der gnadenlosen Ausbeutung ausländischer
Arbeitskräfte, unter Missachtung der Menschenwürde und fehlendem Respekt vor der fragilen Umwelt und der
Würde alles Geschaffenen. Wer sich in der Gesinnung des Evangeliums für eine „alternative“ Welt
einsetzt, ob ganz persönlich oder im Zusammenschluss mit Bewegungen und Initiativen wie “Brot für die
Welt“ oder „Misereor“, der steht, ob es wahrnimmt oder nicht, in der Nachfolge Jesu.
Der katholische Theologe Eugen Drewermann, lange umstritten und kürzlich von Heiner Wilmer, dem Bischof
von Hildesheim, als „einer von der Kirche verkannten Propheten unserer Zeit“ genannt, wurde vor knapp
zwei Wochen, am zwanzigsten Juni, achtzig Jahre alt. „In jener Zeit“, damals im gemeinsamen Studium der
Theologie in Paderborn, war ich mit ihm Teilnehmer eines neutestamentlichen Seminars. Wir lasen die so
genannten „Einsetzungsberichte“. Heute tritt er mit Nachdruck für ein Gottesbild ein, das frei ist von
Angst. „Für die Freiheit des Menschen für sein Glück ist Jesus eingetreten. Keinesfalls sah er im Leid
eine ursprüngliche, in sich berechtigte oder gar notwendige Form des Gottesverhältnisses.“ Er schreibt
weiter, Jesus „forderte dazu auf, sich nicht aus Angst zurückzuziehen und, wenn nötig, keine
Auseinandersetzung zu scheuen bzw. keinem Leid durch falsche Kompromisse auszuweichen. Nicht um weniger
Leben, sondern um ein intensiveres, innerlich reicheres, wahreres Leben war es ihm zu tun“.
Zum Schluss: Im Johannesevangelium verheißt Jesus der Welt klar und unmissverständlich ein „Leben in
Fülle“ (Joh 10,10). Ich meine, dass dies eine Existenzweise sein muss, die frei ist von Überflüssigem
und Sinnlosem. Es wären Momente, in denen zu spüren ist: Das Leben ist sinnvoll, es ist erfüllt von dem,
den wir Gott nennen. Oft ist er verborgen. Aber er trägt und hält alles in seiner Hand.
Hermann Schalück ofm
Pfingstimpuls von Br. Hermann Schalück
Pfingsten
Besinnung zu Johannes 20, 19-23
„Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen
verschlossen hatten,
kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er
ihnen
seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch
einmal
zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das
gesagt
hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden
vergebt,
dem
sind sie vergeben: Wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“
Es war wie gerade jetzt in der Coronakrise: Stay home. Bleibt zuhause. Da saßen sie also alle zusammen
hinter verschlossenen Türen, abgeriegelt von der Welt draußen, gefangen in ihrer Angst und Trauer. Die
Nachrichten von der Auferstehung Jesu hatten sie zwar erreicht, aber viel mehr verunsichert als
getröstet.
Wie weggeblasen war die Erinnerung an das, was er ihnen über seinen Tod und seine Auferstehung gesagt
hatte.
Zur Bedeutungslosigkeit zusammengeschmolzen waren die Erwartungen, die sie vor seinem Tod noch gehabt
hatten. Ihnen war nichts geblieben als immer wieder sich zusammenzutun und gemeinsam ihr Entsetzen, ihre
Traurigkeit und ihre Angst auszusprechen. Verschlossen die Türen und verschlossen der Weg ins Leben.
Aber:
Licht und Zeit – das sind die ersten Schöpfungswerke. Für die Jünger hinter den verschlossenen Türen und
Fenstern bleibt es jedoch dunkel, buchstäblich und innerlich. Zeit hat an Bedeutung verloren. Sie gehen
auf
nichts mehr zu, freuen sich nicht. Zukunft gibt es nur noch als Angst vor dem, was von draußen auf sie
zukommen könnte.
Aber mit diesem Tag beginnt unerwartet das Leben neu. „Am Abend dieses ersten Tages der Woche kam Jesus
und
trat in ihre Mitte.“ Das Leben selbst tritt ein, durch verschlossene Türen, mitten hinein in die Angst
und
Leere, die sich lähmend ausgebreitet hat. Jesus, das Leben, kommt. Und sagt, was seine wichtigste
Botschaft
ist: „Friede sei mit euch.“
Was ist geschehen an diesem Abend des ersten Tages der Woche? Es ist das geschehen, was am Anfang war
und
immer wieder sein wird: Gott schafft aus dem Nichts etwas Neues. Im Anfang war die Erde wüst und leer,
bevor
Gottes Geist über den Wassern die Schöpfung in Gang setzt. Am Anfang der neuen Schöpfung steht wieder
das
Nichts, die absolute Leere des Todes, die Gott-Ferne, in die sich Gott selbst begibt, um neues Leben zu
schaffen. So ist es auch an diesem Abend. Da, wo die Jünger nichts mehr wissen und nichts mehr zu hoffen
wagen und sich das Nichts ausbreitet, da ist der Raum, den Jesus füllen will. Unbemerkt tritt er ein und
bringt den Frieden, schenkt den Geist, der Leben schafft inmitten der Welt, in der immer noch Angst und
Tod
herrschen.
Das ist kein einfacher Gedanke. Vielleicht auch einer, der sehr fremd wirkt oder Angst macht. Was
dahinter
steckt, wird deutlich an einem Gebet aus den vergangenen Tagen, die in besonderer Weise der Bitte um den
Heiligen Geist gewidmet waren. Dort heißt es in einer alten Sequenz:
„In der Unrast schenkst Du Ruh, hauchst in Hitze Kühlung zu, spendest Trost in Leid und Tod.“ Das
Tröstende
liegt im Wörtchen „in“: Also: nicht nach der Unrast Ruhe; nicht nach der Hitze Kühlung; nicht nach Leid
und
Tod der Trost. Nein: Mitten in diesen unerträglichen Situationen gibt uns Gottes Geist eine
geheimnisvolle
Kraft und Stärke. Das ist die Erfahrung, die die Jünger machen in ihrer verriegelten, abgeschlossenen
Situation: Mitten darin kommt der Herr und sagt: „Friede sei mit euch!“ Er stärkt sie durch seine
Gegenwart.
Er macht sich ihnen selbst begreiflich durch die Erinnerung an sein Leiden und seine Auferstehung.
In der christlichen Mystik gibt es die Vorstellung, dass der Mensch sein Leben dem Kuss Gottes verdankt.
Was
soll es denn auch anderes sein, wenn Gott uns den Atem des Lebens eingehaucht hat? Atem und Geist – das
ist
in der Bibel dasselbe Wort. Auch uns gilt, was die Jünger damals erfahren haben: Es gibt ein neues
Leben,
das entsteht, wo wir uns loslassen und ihm überlassen, der in unsere Leere eintritt und uns den Frieden
schenkt. Wir werden neu geschaffen: So, wie Gott seinen Atem in den ersten Menschen geblasen hat, um ihm
Leben zu geben, so be-atmet und be-geistert er alle, die zu ihm gehören.
Das geschieht auch in diesen Tagen und Wochen, an denen sich eine seltsame Lähmung über alle und alles
gelegt zu haben scheint. Gerade in diesem Jahr stellt uns Pfingsten vor Augen, dass zwar ein tödlicher
Virus
die ganze Welt in Atem hält. Aber heute wird uns auch verkündet. „Der Geist des Herrn erfüllt den
Erdkreis.
In ihm hat alles Bestand. Nichts bleibt verborgen in ihm (Weish 1,7).“ Darauf begründet sich unsere
Hoffnung. Sie ist stärker als die Furcht vor der Pandemie.
So möge das geschehen, was der verstorbene rheinische Dichter und Kabarettist H.D. Hüsch verspürt hat:
Und er (Gott) schickt seit Jahrtausenden
Den Heiligen Geist in die Welt
Dass wir zuversichtlich sind
Dass wir uns freuen
Dass wir aufrecht gehen ohne Hochmut
Dass wir jedem die Hand reichen ohne Hintergedanken
Und im Namen Gottes Kinder sind
In allen Teilen der Welt
Eins und einig sind
Und Phantasten dem Herrn werden
Von zartem Gemüt
Von fassungsloser Großzügigkeit
Und von leichtem Geist.
Br. Hermann Schalück ofm schalueck@t-online.de
Weihnachtsimpuls von Br. Hermann Schalück
Symphonie für eine neue Welt
Ja, es gibt sie wirklich, die Zukunftsmusik. Sie hat doch damals schon
gespielt, als Himmel und Erde sich begegneten, als ausgehend von jenem kleinen Ort im Nahen
Osten eine Ahnung vom Frieden sich über alles legte.
Sie begrüßte die Geburt eines neuen Menschen, war Auftakt zu einer neuen Zeit.
Sie spielte, weil eine Erwartung sich zu erfüllen begann.
Und das war und wird immer sein eine Musik nicht nur für die Engel, nicht nur
für Orgel und Cembalo, Pauken und Trompeten, sondern eine unerhört neue Symphonie für die gesamte
Schöpfung:
Dann hat jeder Stern im All und jedes Atom Stimme, Rhythmus und Melodie. Die
Ozeane stimmen ein und alles was sich darin bewegt. Das Seufzen der Kreatur wandelt sich in
Wohlklang. Marschmusik verklingt für immer. Das Schweigen aller Waffen ist von ungewohnter
Harmonie. Die Armen beginnen vor Freude zu tanzen. Alle, die vor Angst verstummt waren, summen
mit. Grobe Klötze brummen vergnügt. Die mit versteinertem Herzen stimmen ein in das große
Crescendo:
Eine Hoffnung ist uns geboren. Eine Perspektive wurde uns geschenkt. Gott
selber führt seine Schöpfung in eine gute Zukunft. Leben ist sein Name. Gerechtigkeit ist
sein Werk, und seines Friedens wird kein Ende sein.
Br. Hermann Schalück ofm
Weihnachtsimpuls
Mit Franz von Assisi auf dem Weg zum Weihnachtsfest
Mit Franz und seiner Spiritualität kann man durch das ganze Jahr gehen; immer wieder
gibt es Anlässe und Gelegenheiten, die Schöpfung zu bewahren, sich für Frieden und Versöhnung,
Gerechtigkeit und Fairness einzusetzen, maßvoll, bescheiden und nachhaltig zu leben, die Begegnung mit
den Fremden suchen und interreligiösen Dialog zu pflegen und geschwisterlich Glauben und Leben zu
teilen.
In der Adventszeit und an Weihnachten richten Christen den Blick auf den Erlöser, mit
dem das messianische Friedensreich für die ganze Schöpfung und der Friede und die Freude für alle
Menschen begonnen haben und in dem Gott Mensch wurde, damit wir Menschen wirklich Mensch werden.
Weihnachten (die Menschwerdung Gottes in einem kleinen Kind in der Grippe) war für Franz ein sehr
zentrales Fest, an dem die Güte und Nähe Gottes sichtbar und erlebbar wird, eines Gottes, der
hinabsteigt zu den (kleinen und unbedeutenden) Menschen und der sich ganz auf das (oft fragmentarische)
Leben der Menschen einlässt und einer von ihnen wird.
Er rief zwei Brüder zu sich und sagte: Geht und singt vor dem Bischof und dem
Bürgermeister und den anderen, die bei ihnen sind den Lobpreis der Schöpfung und fügt diese Strophe an.
Ich selbst vertraue darauf, dass Gott ihre Herzen verändern wird und sie zur früheren Freundschaft
zurückfinden.
Sichtlich berührt von dem Gesang wollte der Bürgermeister dem Bischof verzeihen. Der
Bischof aber sagte: „Eigentlich müsste ich demütig sein, doch weil ich von Natur aus zum Zorn neige,
bitte ich dich um Verzeihung.“ Und so umarmten sie sich und beendeten den Streit. Die Brüder waren
erstaunt, dass alles so gekommen war, wie Franziskus es vorausgesagt hatte.
In seiner berühmten Weihnachtspredigt (Kuhn Johannes: Kleine Weihnachtspredigt des Franz
von Assisi, 1998) sagte Franz folgendes: „…. Was nützt es, wenn ihr Weihnachten nur feiert, eure
Geschenke aufrechnet und für ein paar Stunden gerührt seid? Ich habe euch die Krippe nicht zum Anschauen
geschenkt, sondern zum Anfassen. Man muss das Kind „auf seinen Händen tragen“, muss die Muttergottes und
ihren Mann „in die Arme nehmen“, man muss sich mitten unter die Hirten gesellen und einer von ihnen
werden. Mit den Gestalten der Heiligen Nacht eins werden, das ist es. Man muss selber die Demut des
Kindes lernen, dem Staunen und der Freude der Eltern im eigenen Herzen Raum geben, man muss sich von den
Hirten anstecken lassen. Man muss etwas merken nach Weihnachten, dass man die Christgeburt gefeiert hat.
Und man wird sich auf den Weg machen müssen, um an Epiphanie seine eigenen Gaben zu bringen. Nein, sich
selbst.“
Von der Theorie … Bekannt ist, dass Franz Im Jahr 1223 bei Greccio in einer Grotte
den Stall von Bethlehem nachstellen lässt. Mit allen Sinnen möchte er das Geheimnis der Menschwerdung
Gottes in sich aufnehmen. Und so bereiten seine Brüder den Ort für die Weihnachtsfeier mit Krippe und
Stroh, mit Ochs und Esel vor. Hier wird dann der Weihnachtsgottesdienst gefeiert; das
Weihnachtsevangelium kann leibhaftig erfahren werden. Diese Feier ist so ergreifend, dass sie im
Nachhinein so beschrieben wird: „Damals ist das Kind Jesus im Herzen vieler neu geboren worden.“
… zur Praxis Wie wäre es, bei einem „Offenen Adventskalender“ die Menschen zu
einer Krippenaufstellung einzuladen, bei dem die Anwesenden die einzelnen ‚Elemente‘ einer Krippe
nachstellen (jede/r darf sich seine ‚Rolle‘ aussuchen. Wer will wohl das Christuskind sein, wer das
Stroh?). Wenn alle stehen, kann die ganze Weihnachtspredigt von Franz (s.o.) vorgelesen werden. Das
Spiel wird umrahmt mit passenden Advents- und Weihnachtsliedern oder Liedern über Franz von Assisi und
von einer Meditation zur Einübung in die Stille.
Vielleicht kommt es danach bei Glühwein und Weihnachtsgebäck zu einem Austausch über
Franz von Assisi und/ oder über Weihnachten und/ oder über die eigenen Erfahrungen mit dem Krippenspiel.
Wer weitere Materialien für eine „lebendige Krippe“ braucht, melde sich bei joachim001schick@gmail.com.
Als Franziskus krank daniederlag hörte er von der heftigen Auseinandersetzung zwischen
dem Bischof und dem Bürgermeister von Assisi. Es bedrückte ihn, dass keiner versuchte den Streit
beizulegen. Gerade hatte er den Lobpreis auf die Schöpfung verfasst, da griff er noch mal zur Feder und
komponierte folgende Strophe:
„Gelobt seist du, mein Herr,
durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertragen und Drangsal.
Selig jene, die solches ertragen in Frieden,
denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt werden.“
Er rief zwei Brüder zu sich und sagte: Geht und singt vor dem Bischof und dem
Bürgermeister und den anderen, die bei ihnen sind den Lobpreis der Schöpfung und fügt diese Strophe an.
Ich selbst vertraue darauf, dass Gott ihre Herzen verändern wird und sie zur früheren Freundschaft
zurückfinden.
Sichtlich berührt von dem Gesang wollte der Bürgermeister dem Bischof verzeihen. Der
Bischof aber sagte: „Eigentlich müsste ich demütig sein, doch weil ich von Natur aus zum Zorn neige,
bitte ich dich um Verzeihung.“ Und so umarmten sie sich und beendeten den Streit. Die Brüder waren
erstaunt, dass alles so gekommen war, wie Franziskus es vorausgesagt hatte.
Zu schön, um wahr zu sein?
Nach einer Auseinandersetzung versuchen wir oft herauszufinden, wer im Recht ist. Was
dann folgt sind vergebliche Debatten. Der Gesang der Brüder weckt die Herzen. Anstatt zu sehr in die
Vergangenheit zurückzugehen, können auch wir den Blick nach vorne richten:
Laden wir unseren vermeintlichen Feind zum Essen ein; schicken ihm eine humorvolle
Postkarte oder gehen wir mit ihm in ein Konzert und nutzen wie die Brüder die versöhnende Kraft der
Musik. Diese neuen Erfahrungen geben Raum anders über alte Verletzungen zu reden; jetzt aber aus einem
Abstand heraus.